Die arabischen Dialekte
Arabische Dialekte sind Redens- oder Mundarten, die aus der arabischen Schriftsprache hervorgegangen sind. Im Laufe der Jahrhunderte haben sie sich überall in den arabischen Ländern entwickelt. In keinem dieser Länder wird ausschließlich Hocharabisch gesprochen. Sie sind vor allem auf die mündliche Realisierung bedacht und werden von größeren Personenkreisen, die sich an einem bestimmten Ort gebunden fühlen, gesprochen. Sie sind meistens deshalb örtlich gebunden.
Um der Kommunikation in den üblichen alltäglichen Lebensbereichen zu dienen, haben sich je nach sozialer und kultureller Identität der einzelnen Nationen im arabisch-islamischen Raum solche Lokalen Dialekte herausgebildet. Hier entwickelten sie sich im Gegensatz zur weithin normierten Standard- Arabisch zunehmend zum Sprachrohr der Menschen im Bezug auf ihre alltäglichen Lebensbereiche. In ihnen bildeten sich unterschiedliche Wörter und Wendungen, mit denen sie ihre Wünsche und ihre Sorgen sowie ihre Gefühle von Freuden, Liebe, Hass oder Wut, Trauer oder Humor zum Ausdruck bringen können. Sie sind deshalb zweifelsohne farbenreicher, lebendiger, kraftvoller sowie reicher an Metaphern.
Auch bedingt durch ständig neu eingetretene Lebenssituationen und Phänomene im Alltag sind die arabischen Dialekte, was die Dynamik des Gesprochenen betrifft, dem Hocharabischen weit voraus. Sie sind in der Lage, durch die Beschaffung von entsprechenden neuen Wörtern und Redewendungen, sich diesen neuen Lebenssituationen schnell anzupassen, um sie lebendig wie möglich darstellen zu können.
Bei der Entstehung und Entwicklung dieser Dialekte können wir von horizontalen Sprachlinien sprechen, die geographisch die arabische Welt quer vom Osten nach Westen durchziehen. Die gesprochenen Dialekte innerhalb der jeweiligen Sprachlinien zeugen von gewisser sprachlicher Übereinstimmung und verfügen über einheitliche phonetische und semantische Merkmale.
Sowohl durch die harmonisierende Angleichung der hocharabischen Phonethik als auch durch die Vereinfachung der sonst stark disziplinierten arabischen Grammatik bilden sich gemeinsame Merkmale aller Dialekte in dem arabischen Sprachraum.
Dennoch kann man gewisse Unterschiede zwischen den einzelnen arabischen Dialekten durch die besondere Akzentuierung, Silbenbetonung und Lautung der gesprochenen Wörter feststellen. Auch politisch, sozial und kulturell bedingte Entwicklung der einzelnen arabischen Gesellschaften führte zur völlig unterschiedlichen Anwendung von selben Wörtern aus dem Hocharabischen. Man kann hierdurch vom Erkennungszeichen der einzelnen Dialekte sprechen. Hierbei fungieren meistens Wörter als Zeichen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe sowie deren Kultur und Sprache. Es ist erstaunlich, wenn wir bestimmte Dialekte an nur einem charakteristischen Wort bzw. einer bestimmten Lautung erkennen, die sich woanders nicht findet.
Für die Arabisierung bzw. Übernahme mancher Wörter in die arabischen Dialekte aus anderen Sprachen spielten ebenfalls die historischen Entwicklungen in den jeweiligen Ländern der arabischen Dialekte eine wesentliche Rolle.
Neben dem Türkischen und dem Persischen haben die arabischen Dialekte auch aus dem Englischen und dem Französischen Wörter unverändert oder zum Teil arabisiert übernommen. Auch Völker nichtarabischer Herkunft haben keinen geringen Einfluss auf die sprachliche Entwicklung der Dialekte in manchen Gegenden des arabischen Sprachraums. Beispiele hierfür sind die Berberstämme in Nordafrika und ihr starker Einfluss im nordafrikanischen Sprachraum.
Bedingt durch die politische und kulturelle Vorrangstellung, nicht zuletzt auch durch die demographische Entwicklung Ägyptens seit den 50er Jahren, gilt das Ägyptisch-Arabische als der am meisten verbreitete und verstandene Dialekt im arabischen Sprachraum. Auch Entertainment, Musikinterpretationen sowie die meisten arabischen Film- und Fernsehprodukte werden in Ägypten produziert.